Jung, dynamisch, weiblich: Sophie Gillet ist bereits die zweite Frau, die das Familienunternehmen Gillet in die Zukunft führt. Seit 2016 ist die studierte BWLerin in der Geschäftsführung des Gillet Baumarktes in Landau. Ihre Mutter Petra Gillet, die bisherige Geschäftsführerin, übergibt den Staffelstab an ihre 32-jährige Tochter.

Um beim Bild zu bleiben: Der Staffelstab wurde Sophie Gillet allerdings nicht zugeworfen, vielmehr wurde die Übergabe über Jahre geplant. „Für mich ist dieses bedachte Vorgehen ein Geschenk: Ich profitiere nach wie vor von dem Wissen, das meine Mutter weiterhin in die Geschäftsführung einbringt. Es ist eine ineinandergreifende Nachfolge“, sagt Sophie Gillet. „Insgesamt bin ich mir sicher, dass der Erfolg einer Nachfolge viel mehr vom Übergebenden abhängt als vom Übernehmenden.“ Ihre Mutter habe die Fähigkeit loszulassen. Sie lasse ihr den Freiraum, ihre eigenen Schwerpunkte für den Betrieb zu setzen, zu gestalten und das Unternehmen auf Zukunftskurs zu halten.
Ohne geplant zu haben, die Nachfolge Ihrer Mutter im Familienunternehmen anzutreten, hat sie sich bereits während des Studiums der BWL auf ihre spätere Unternehmensstrategie spezialisiert. Ihre Abschlussarbeit schrieb sie zum Thema Omnichannel Management im DIY-Sektor (Do It Yourself-Sektor). Zu diesem Zeitpunkt war ihr Plan eher, ihre Erfahrung aus dem Familienbetrieb und ihre Profession aus dem Studium in einen außerfamiliären Betrieb einzubringen. Zunächst einmal führte sie ihr beruflicher Werdegang nach Düsseldorf zu L’Oréal.

Familienunternehmen: Hohe Ansprüche, aber auch hohe Vereinbarkeiten
Erst einige Jahre später fiel die Entscheidung, ihrer Mutter in der Geschäftsführung nachzufolgen. „Man könnte sagen, mir fehlte mir unser Betrieb. Ich bin als Kind hier großgeworden. Mein Bruder und ich haben in den Büros gespielt, waren im Markt unterwegs. Hier spielte sich für uns Familie ab.“ Genauso ist es heute wieder. Sophie Gillet ist mittlerweile dreifache Mutter, das jüngste Kind ist immer an ihrer Seite, während die Geschwister schon im Kindergarten sind. „Ich weiß, dass diese Vereinbarkeit von Beruf und Familie keine Selbstverständlichkeit ist. Im Grunde genommen habe ich das Privileg, den ganzen Tag meine Familie um mich haben zu können, meine Kinder und meine Mutter. Darüber hinaus kann ich meine Arbeitszeiten frei einteilen und sie passend um unser Familienleben packen.“ Natürlich bringe der fließende Übergang von Familienleben und Unternehmertum auch Schwierigkeiten im Alltag mit sich. Ein geregelter Feierabend und ein ruhiges Wochenende seien eine Seltenheit.
Die Unternehmensführung mit Familie ist bei Gillets ein Erfolgsmodell. So wuchs Sophie Gillet mit ihrem Bruder, ebenso wie ihre Kinder jetzt, mit dem Unternehmen auf, da ihre Mutter die Geschwister mit ins Büro brachte. Bereits in der zweiten Generation wird der Baumarkt jetzt von einer Frau geführt. Das ist selbst 2025 immer noch eine Rarität und für die Branche Baumarkt zumindest ungewöhnlich. Viel mehr noch galt das für die Zeit, als Petra Gillet den Markt von ihrem Vater übernahm. Trotzdem ist auch Sophie Gillet heute noch mit Vorurteilen konfrontiert.
Frauen sind die Baumarkt-Zielgruppe unserer Zeit
„Kommt ihr Mann gleich?“ ist nur eine der Fragen, die Sophie Gillet bei Geschäftsterminen zu hören bekommt. „Nach wie vor scheint es für viele nicht in ihr Weltbild zu passen, dass eine Frau tatsächlich einen Baumarkt leitet.“ Das sei eine Herausforderung und bringe mit sich, dass sie als Frau in dieser Branche genauer in Augenschein genommen wird: Wie führt sie? Kennt sie sich überhaupt aus mit unseren Produkten? „Ich kenne mittlerweile jede Schraube bei uns im Markt“, lacht Sophie Gillet herzlich, während sie den jüngsten Nachwuchs im Besprechungszimmer in den Schlaf schaukelt. „Vielleicht musste ich mich, um mich zu behaupten, sogar noch besser in die Materie einarbeiten, als es ein Mann hätte tun müssen“, meint sie. Das sei aber schon die einzige speziell weibliche Herausforderung im Berufsalltag. „Denn sind wir mal ehrlich: Wer entscheidet zu Hause, was wie gemacht wird? In der Regel sind das die Frauen.“
DIY- und Deko-Markthalle sind Kundenmagnet
Genau daraus leitete Sophie Gillet die Unternehmensstrategie ab „Zuhause beginnt hier“. Seit einigen Jahren legt sie diesen Firmenslogan, hinter dem sich ein ganzheitliches Firmenkonzept verbirgt, allen Entwicklungsprozessen im Markt zugrunde. „Zuerst einmal habe wir unseren Deko- und DIY-Bereich stark ausgebaut. Das betraf nicht nur das Sortiment – auch die Gestaltung, der Marktaufbau, hat sich verändert. Weg vom Baumarkt typischen Hochregallager-Stil, hin zum Stil einer Markthalle, die Lust auf Bummeln macht.“ Der Erfolg gab ihr recht: DIY und Deko in Kombination mit der angrenzenden Blumenhalle ist ein Kundenmagnet – „vor allem für Frauen“, sagt die geschäftsführende dreifache Mutter.
Gillets Entwicklung geht weiter
„Mit dem Ausbau des Deko- und DIY-Segments haben wir ins Schwarze getroffen. Jetz haben wir den Um- und Ausbau unseres Gartencenters in Angriff genommen.“ Gemeinsam mit ihren 150 Mitarbeitenden stellt sie das Unternehmen nachhaltig für die Zukunft auf. Mitte März soll die Eröffnung der umfassend neu gestalteten und technisch sanierten Blumenhalle stattfinden. „Grün erleben“, der neue Slogan für den modern gestalteten Pflanzenbereich bettet sich ein in die Strategie „Zuhause beginnt hier“.
Mit dem umgebauten Gartencenter entwickelt die junge Geschäftsführerin den Markt weiter in Richtung Nachhaltigkeit. In Zukunft werden die Pflanzen im Gillet Gartencenter beispielsweise ausschließlich mit Regenwasser über eine intelligente Bewässerungsanlage gegossen. Das spart Ressourcen. Außerdem liefert Photovoltaik den Strom für den Gartenbereich und weitere Teile des Unternehmens.
„Jeden Tag komme ich ins Unternehmen und bin glücklich über meine Arbeit und auch stolz. Stolz darauf, dass wir es geschafft haben, trotz um uns herum stagnierender Wirtschaft, investieren zu können und einen gesunden Betrieb, der viele Familien ernährt, in die Zukunft zu führen mit Hilfe unseres neuen starken Franchisegebers OBI“, sagt Sophie Gillet. „Heute sind wir zwar flächenmäßig der größte OBI Markt Deutschlands. Aber die Spezialisierung hat uns zukunftsfähig gemacht. Mit den Schwerpunkten Deko, DIY und Pflanzenwelt haben wir ins Schwarze getroffen.“